Feliz Navidad und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

 

Heilig Abend in Bolivien ist ganz anders als zuhause!

Erst mal war schon die Adventszeit gaaanz anders als zuhause, weil ich hier gar nicht in Weihnachtsstimmung gekommen bin. Bei täglichen 30° oder mehr fühlt man sich als deutsche einfach wie im Juli oder August und nicht wie kurz vor Weihnachten. Ich habe zwar einen Adventskranz in meinem Zimmer stehen, aber bei den Temperaturen Kerzen anzünden? Bisschen weihnachtlicher wurde es nur letzte Woche, als ich in meinem Heim mit den Jungs und Mädels Plätzchen gebacken habe! Die Direktorin hat alle Zutaten „gespendet“ und Montag und Dienstag habe ich mit jeweils 9 Mädchen gearbeitet und Mittwoch mit allen 17 Jungs! Die Teilung bei den Mädels war nötig, weil sie sich viel mehr prügeln und streiten als die Jungs und ich hatte mit ihnen auch noch in ihren kleinen Gruppen mehr Schwierigkeiten als mit den Jungs. Bei den Mädchen gab´s Geschrei weil die eine der anderen ihren Teig weggenommen hatte oder Förmchen nicht abgeben wollte während die Jungs total schnell gearbeitet haben und ohne viel Zoff, weil sie es als Spiel wahrgenommen haben „Ich hab gewonnen, ich hab meinen Teig schon fertig verarbeitet! Was kommt als nächstes?“ Die Jungs haben auch total kreative Plätzchen gebacken, während die Mädchen eher mit streiten beschäftigt waren..Freitag haben wir die Plätzchen gegessen und dazu kalte Schokolade getrunken (heiße Schokolade hätte keiner gewollt) und ich glaube dass die Kinder zufriden mit ihrer Arbeit waren. Viele haben schon gefragt, wann wir wieder Plätzchen backen, aber nach Weihnachten? Vielleicht kann man irgendwas anderes machen.. Da ich mittlerweile auch schon ein Monat im Heim arbeite, kann ich mich bei den Kindern auch schon besser durchsetzen, weil die Mädels mich jetzt besser kennen und ich sie und außerdem das Vokabular, dass ich brauche um meinen Willen zu äußern, Sachen zu verbieten oder Drohungen auszusprechen, besser sitzt. Die Arbeit im Heim macht mir total viel Spaß, weil man sich im Prinzip nie langweilen muss. Klar könnte man sich langweilen, wenn man auf der Bank chillt und den Kindern einfach nur beim Spielen zuguckt, aber im Heim gibt’s ja immer was zu tun, ob man sich nun ein Mädchen schnappt und Läuse sucht oder ob man sich irgendwelche Spiele überlegt und sich mit den Kindern beschäftigt.

Nachdem wir gestern das Haus fertig aufgeräumt und geputzt hatten, habe ich mit meinen kleinen Gastgeschwistern auch noch mal gebacken und auch sie haben schon gefragt, wann wir das nächste Mal backenJ. Eigentlich wusste ich bis gestern Abend nicht so genau, wie Heiligabend ablaufen würde. Vorher hatte meine Familie schon mal angedeutet, dass Weihnachten nur etwas für Kinder ist, sodass ich gar keine Geschenke erwartet habe. Ich habe allerdings für jeden etwas besorgt. Den Heimkindern habe ich auch Kleinigkeiten Geschenkt. Den Jungs einen Fußball und den Mädels Haargummis und Haarspangen mit Süßigkeiten und so. Alle haben sich sehr gefreut und mir ist der Abschied für die nächsten 3 Wochen (Salz und Silber Tour!!) noch schwerer gefallen..

Gegen 10 Uhr abends kamen dann unserer Gäste, aber erst um Punkt 12 haben wir mit Wein angestoßen und zu Abend gegessen. Vorher haben wir so ein sektähnliches Getränk getrunken, nur in Rot, war ganz lecker J. Mein 18 jähriger Gastbruder hat nicht mitgegessen, sondern ist mit Freunden zur Plaza. Das war auch neu für mich, dass man seine Freunde an Heiligabend trifft. Nach dem Essen haben dann die Kinder ihre Geschenke ausgepackt und die Erwachsenen haben sich daran gefreut. Wir haben einen sehr üppig dekorierten Plastikweihnachtsbaum unter dem die Geschenke lagen und ich habe meine dann verteilt. Alle haben sich sehr gefreut und ich habe von meinen Eltern auch ein Geschenk bekommen! Sie haben mir ein Top gekauft, gefällt mir nicht so besonders und sitzt auch nicht so gut, aber ihren eigenen Kindern haben sie gaar nichts geschenkt und insofern habe ich mich total gefreut, dass sie mir diese Freude machen wollten. Ich find´s aber irgendwie total traurig, dass sich die Erwachsenen hier nichts schenken. Um 12 haben auch viele geböllert, aber ich habe kein einziges Feuerwerk gesehen. Generell hat es sich eh mehr wie Silvester angefühlt. Bis 12 warten, dann der Geruch von Feuerwerk und keine (bzw. wenige) Geschenke. Zu Silvester wollen meine Gastgeschwister eine Party schmeißen, aber ich bin mal gespannt wie das wird, da meine religiösen Eltern sicher keine ausgelassene Sause zulassen werden. Mein Bruder ist aber davon überzeugt, dass Alkohol und Musik erlaubt sein werden, weil seine Eltern wohl ausgehen wollten..Ich werde mit den 6 anderen Deutschen ganz gechillt im Salar de Uyuni (riesen große Salzwüste ohne Wasser zum Baden und wahrscheinlich auch ohne Party) Silvester feiern.

Heute morgen ging es dann wieder ans große Aufräumen, weil zum Mittagessen lauter arme Kinder aus dem Viertel eingeladen waren und Hühnchen und Torte gegessen haben mit Soda (Cola, Sprite etc) und außerdem noch Geschenke bekommen haben, die alle meine Eltern gekauft haben und die meine Schwester und ich in stundenlanger Arbeit eingepackt haben. Es kam auch ein Freund von mir vorbei, den ich aus dem Campamento MonteBlanco kenne, wo ich eine Woche als Teamerin gearbeitet habe und hat mit uns ein kleines Theater für die Kinder eingeübt und mit den Kindern gesungen und getanzt und Stimmung gemacht. Es war für die Kinder glaub ich echt schön und sie haben ausgelassen getanzt und schöne Geschenke und Preise für die besten Tänzer abgeräumt.

Morgen Abend geht’s los zu unserer 3 wöchigen Reise nach Sucre, Potosi, Salar de Uyuni, La Paz, Titicacasee und ins Amazonasgebiet. Darauf habe ich mich mehr gefreut als auf Weihnachten, weil es so unglaublich spannend und aufregend wird und wir so viele verschiedene Seiten von diesem Land sehen werden. In La Paz werden wir wahrscheinlich an Sauerstoffmangel leiden und im Amazonasgebiet werden wir Piranhas angeln, nachts auf den Fluss rausfahren und mit Taschenlampen nach Krokodilsaugen suchen, mit rosafarbenen Flussdelfinen schwimmen und auf einer Wanderung zu 70% Anakondas oder Vipern begegnen (ich hoffe, wir gehören zu den 30% die in aller Ruhe ohne eine Minischlange dort lang wandern können…). Was mir außerdem Angst bereitet ist ein 40 minütiger Anden-flug in einer 9-11 Passagiermaschine! Wer mich kennt, weiß wie schlecht mir schon in einem Riesenflieger wird, da will ich gar nicht wissen, wie es mir in so einem Miniding geht. Aber der Flug über die Anden soll ganz schön sein, vielleicht kann ich mal über mein Kotztütenrand aus dem Fenster blicken..

Aber sonst freue ich mich sehr auf die Reise!

Ich wünsche einen guten Rutsch ins neue Jahr und noch schöne rest-Weihnachten!

Eure Lotte

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Acto de Graduación und neues aus dem Heim!

 

Es ist schon Dezember, unglaublich wie schnell die Zeit vergeht..Aber ich habe in letzter Zeit auch viel erlebt! Vor 2 Wochen habe ich angefangen im Kinderheim zu arbeiten, aber vorher wurde zu guter Letzt  die Schulzeit mit einem schönen „Acto de Graduación“, also Abiturientenverabschiedung, beendet. Ich bin ja mit dem Gedanken zur Schule gegangen, dort viele Vokabeln und generell spanisch sprechen zu lernen aber vor allem Freunde zu finden, aber der zweite Punkt hat nicht soo gut geklappt. Vokabeln von Mathe über Physik, Chemie oder Informatik konnte ich mir zwar schon aneignen, aber dadurch, dass ich mit Chrissi in dieser Miniklasse aus 10 Leuten war, habe ich morgens viel zu viel deutsch gequatscht, sodass wir eigentlich schon viel mehr spanisch hätten lernen können. Durch das ständige Deutsch sprechen haben wir uns auch so vor den anderen isoliert, dass wir keine festen Freundschaften geknüpft haben. Ich muss aber zugeben, dass ich echt froh bin das ein oder andere Gesicht nicht mehr sehen zu müssen, weil manche schon genervt haben. Naja, ich war jedenfalls froh, dass die Schulzeit endlich zu Ende gegangen ist!

Für die Abiturientenverabschiedung hatte die Schule einen Saal in einem richtig schönen Hotel gemietet und obwohl wir nur 11 Abiturienten waren, war der Saal am Ende fast überfüllt mit Gästen. Von meiner Familie kamen leider nur meine Schwester und mein Gastvater, aber dieser hatte sich mit Anzug und Krawatte für mich schick gemacht, weil wir nämlich gemeinsam über einen roten Teppich zwischen allen Gästen durch zur Bühne schreiten mussten. Die Jungs wurden dabei von ihrer Mutter begleitet und wir Mädels eben von dem Papa. Jeder musste mit seinem Elternteil einzeln nach vorne schreiten und währenddessen hat der Moderator des Ganzen erzählt was für Hobbies man hat und was man studieren will und bei mir wurde dann gesagt, dass ich Deutsche bin und schon im Kinderheim arbeite und alles. Weiß gar nicht, wer ihm die Infos über mich gegen hat… Wir Abiturienten hatten dabei alle eine weinrote Tunika mit weinroter Kappe mit weißem Bommel auf und dazu eine weiße Schärpe um den Hals auf der „Promo 11“ und „ASIFAF“ oder so was stand, was wohl „Freunde für immer“ auf Italienisch heißt, wenn man nur die Anfangsbuchstaben benutzt. Auf der Bühne wurde mir dann mein Diplom von unserer Tutorin überreicht und eigentlich hätte mein Gastpapa meinen Bommel von meiner Kappe von der linken Seite auf die rechte Seite machen sollen, als Zeichen dass ich jetzt Abi habe, aber hat er wohl vergessen. Aber als ich die Hülle von meinem Diplom aufgeschlagen habe, war mir das auch gar nicht mehr so wichtig, weil ich fast vor Überraschung umgefallen bin. Ich hatte damit gerechnet, dass wir einfach ein kleines Zertifikat bekommen, das bescheinigt, dass ich dort 4 Monate die Schule besucht habe, maximal noch der Kommentar, dass ich nicht so fleißig Hausaufgaben gemacht habe oder dass ich mich im Unterricht gelangweilt habe und es vorgezogen habe Tagebuch zu schreiben, als im Englischunterricht „to go“ zu konjugieren..Aber was sehe ich? Ein echtes Abiturzeugnis mit allen Stempeln und Unterschriften, die man braucht! Dort steht im Ernst „Charlotte Baase hat 4 Jahre lang die Oberstufe des Colegios Alexander von Humboldt besucht und erfolgreich das Abitur bestanden“. Da war ich dann erst mal Baff. Ich bin mir sicher, dass unsere Schulleitung einfach nur zu faul war, Chrissi und mir ein extra Zertifikat zu schreiben, aber ich werde mich ganz sicher nicht beschweren gehen 😉

Naja lange Rede kurzer Sinn: Schule endlich vorbei, ab geht’s an die Arbeit!

Nach 3 Wochen im Kinderheim weiß ich inzwischen ein bisschen besser Bescheid, was dort so den ganzen Tag abgeht. Ich kenne mittlerweile alle Mädels mit Namen, was gar nicht so einfach war, weil ungefähr die Hälfte Maria heißt, sodass man immer noch den 2. Namen dazu sagen muss. Es gibt nur ein Mädchen das nur Maria genannt wird (mein Lieblingsmädchen, eine richtig süße, eine der jüngsten in der Gruppe aber kann sich schon gegen die Großen durdurchsetzen, aber gehorcht mir J und sucht nicht die ganze Zeit Streit wie die ein oder andere..) und die anderen heißen dann zB Maria Belen (gibt’s gleich zwei Mal, einmal Maria Belen grande und einmal chica, also klein), Maria José, Maria del Carmen usw..Dazu kommt noch, dass ich eineiige Zwillinge in meiner Gruppe habe, die ich nur unterscheiden kann, weil die eine momentan keine Vorderzähne hat und vor allem mehr Unfug anstellt als ihre Schwester. Die zwei sind eigentlich Vierlinge, aber die 2 anderen sind zwei Jungs geworden. Gott sei Dank, sonst wüsste man gar nicht wer von ihnen was angestellt hat und wen man eigentlich bestrafen muss. Aber mittlerweile habe ich rausgefunden, was man machen kann, damit sie ein bisschen auf einen hören. Das Zauberwort heißt Aufmerksamkeit! Wenn ich einem Mädchen eine Frisur gemacht habe (mittlerweile hab ich flechten in allen möglichen Formen gelernt und übe jeden Tag an verlausten Mädchenköpfen) oder ihre Handstände bewundert habe oder sie einfach nur 2 Minuten im Arm gehalten habe, bevor sie wieder aufgesprungen ist um weiter Handstände, Brücken und Spagat zu machen und all die Sachen, die gelangweilte Heimkinder so machen, wird dieses Mädchen gewillter sein, mir im Essensraum beim Tischdecken zu helfen, als ein anderes Mädchen mit dem ich mich an diesem Tag vielleicht noch nicht so intensiv beschäftigt habe. Man merkt oft, dass die Kinder auf der Suche nach Körperkontakt sind, weil sie sich über meine Beine legen (auf den Schoß dürfen sie sich nicht setzen, weil man sonst direkt 20 Mädels an der Backe hat, die alle gleichzeitig auf den Schoß wollen), einen von hinten umklammern oder einem einfach um die Hüfte fallen. Heute stand ich zB schon wieder minutenlang regungslos mit einem Mädchen im Arm im Garten rum, weil sie gekommen ist, mich umarmt hat und ihren Kopf auf meine Brust gelegt hat.

Für Weihnachten muss jede Gruppe etwas vorführen, ein Theaterstück oder einen Tanz und ich hab meiner Erzieherin angeboten eine Choreografie auf ein Weihnachtslied vorzubereiten. Heute also erst mal auf dem Markt eine Weihnachts-CD mit 180 Liedern für umgerechnet 1€ gekauft und eben habe ich mich in meinem Zimmer gefragt, was für Choreografien man mit 6-9 jährigen Mädchen einstudieren kann, wenn wahrscheinlich die eine Hälfte vor Motivation und Lust kaum stillhalten kann und die andere Hälfte gezwungen werden muss mitzumachen, weil sie lieber mit Puppen spielen wollen oder es wie sonst immer bevorzugen Handstände und Brücken zu machen. Naja, ich glaube es ist jetzt einfach genug, dass es auch die Kleinste bis Weihnachten auf die Reihe kriegt und schwierig genug daran bis Weihnachten zu arbeiten.

Bei meiner Arbeit kann ich mich gar nicht beschweren, dass ich mich langweile oder als Praktikantin in die Ecke gestellt werde oder so. Es gibt immer irgendwas zu tun, ob es nun Tränen trocknen ist, Mädchen davon abzuhalten sich die Augen auszukratzen oder Essen verteilen. Meine Erzieherin hat heute Morgen  Unterhosen gewaschen und mir gesagt, ich solle mit den Mädels zum „Sportplatz“, also zum betonierten Fußball/Basketball/Spielfeld gehen und dort mit ihnen Spielen und nach einer Dreiviertelstunde kam ich fix und fertig zu ihr zurück, weil die Mädels zwar zuhören, wenn man Regeln erklärt, aber gar nicht daran denken sich daran zu halten und so gar nicht richtig spielen oder für sich selbst neue Spielregeln erfinden. Schwierig. Die Erzieherinnen fragen mich auch oft nach meiner Meinung oder ob ich Ideen für die Feriengestaltung habe, sodass ich in den Heimalltag gut integriert bin.

An die Küche habe ich mich mittlerweile auch gewöhnt, mein Lieblingstag ist Donnerstag weil es da Nudeln gibt (ja, jede Woche dasselbe Essen, kleine Variationen vielleicht). Obwohl, letzte Woche haben wir eine großzügige Nudelspende von zwei Asiaten bekommen (20 riesige Säcke mit Nudeln) und wahrscheinlich kann ich in 5 Wochen keine Nudeln mehr sehen oder so, wer weiß 😉

Jeden Morgen um 10 Uhr gibt es irgendeinen Snack, kann Banane, Mango, Orange, Apfel oder Kekse sein und darauf freue ich mich dann auch. Heute gab es was ganz besonderes und zwar haben wohl alle Kinder am Samstag tausend Trillerpfeifen von irgendwelchen Leuten geschenkt bekommen (wie kann man auf so eine bekloppte Idee kommen???), sodass man heute Morgen und wohl den ganzen Sonntag sein eigenes Wort vor lauter Pfeifen kaum verstehen konnte. Heute Morgen hat unsere Chefnonne dann beschlossen die Trillerpfeifen gegen Lollies einzutauschen. Ganze fünf Lollies für eine Trillerpfeife! Manches Kind ist dabei leider leer ausgegangen, weil eine genervte Erzieherin wohl Sonntagabend viele Pfeifen abgenommen hat und andere sind mit 20-30 Lollies dabei weggekommen! Da hatte die Schwester Angelina die Spendierhosen an..

Wenn ich so überlege muss jetzt in nächster Zeit bald mein Zahnputzprojekt her, bei 20 Lillies pro Mann..;)

Viele Grüße aus Santa Cruz!

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Die ersten Tage im Kinderheim!

 

Am Montag hatte ich ein Gespräch mit der Sozialarbeiterin und der Psychologin des Kinderheims. Es kam zB die Frage was du sagst wenn dich ein Kind fragt: „willst du meine Mama sein?“ Die richtige Antwort ist:“ ich wäre total gerne deine Mama aber ich kann nur deine Freundin sein.“ Aber die Kinder hören trotzdem nicht auf nachzufragen, man könnte ja seine Meinung ändern.. Dienstag hatte ich meinen ersten Arbeitstag. Ich arbeite von 8-15 Uhr und esse dort auch zu Mittag, ist nicht so lecker und erst recht nicht gesund. Die Erzieherin die sonst meine Gruppe betreut war direkt am ersten Tag nicht da, sodass ich alleine mit Mädchen von 6-10 Jahren war. Es müssten glaub ich 8 gewesen sein und sie sollten Hausis machen. Die Mehrheit hat mich natürlich angelogen und behauptet sie hätten nix auf und die ersten Tränen musste ich schon trocknen, weil die eine einer anderen den Stift weggenommen hat oder so was. Die Kinder dort müssen echt um ihr Eigentum kämpfen. Jeder Haargummi, jeder Stift, die Flipflops oder Spielzeug, alles zählt. Aber die Unterhosen zB sind in einer großen Schublade und jeder zieht die an, die er gerade findet.

Der Tagesablauf ist so: von 8-10 sollen sie Hausis machen (heute haben wir multipliziert, die ganzen Reihen durchgerechnet, aber wir hätten auch dividieren und + und- rechnen sollen, aber davon wusste ich nix, genauso wenig wie von dem Examen , dass sie heute haben. Die Erzieherin war schon wieder nicht da) und um 10 gibt´s immer einen Snack. Gestern einen Apfel und heute Kekse. Danach wird die ganze Bande geduscht und wenn man nicht aufpasst ziehen sie sich ruck zuck an den Haaren oder was weiß ich. Da sind echt fiese Mädchen dabei, da gibt´s schon mal Faustschläge und Tritte. Nach dem Duschen machen wir jeder eine Frisur, womit ich ein bisschen aufgeschmissen bin, weil ich so Flechtkrams nie so richtig gelernt habe, aber vielleicht lerne ich das hier. Fast alle Kinder haben außerdem auch Läuse..Um 12 gibt´s Mittagessen und dann gehen die Kinder die vormittags zuhause sind zur Schule und die die vormittags in der Schule waren kommen zurück. Der Nachmittag ist dann unterschiedlich. Gestern habe ich die Kinder zur Schule gebracht und dann schön gechillt den Heimweg angetreten, eine Siesta gemacht und dann nachhause, während ich heute 2 bestrafte Mädchen dazu bringen musste, ihre Strafe auch auszuführen und das war ganz und gar nicht einfach. Die hören nur auf die Erzieherinnen, da sie von denen wissen, dass sie ihre Drohungen auch wahr machen. Zum Durchsetzen von irgendwelchen unangenehmen Aufgaben brauch ich also Hilfe. In 2 Wochen haben die Kinder Ferien, da will ich dann ein Zahnputzprojekt starten, also ihnen beibringen wie man Zähne putzt. Sie haben zwar alle eine Zahnbürste und ich glaube sie werden auch 3 mal am Tag zum Putzen geschickt, aber trotzdem haben viele fast schwarze Backenzähne. Ich würde den Mädels auch gerne einen Tanz beibringen..mal gucken. Das Kinderheim ist so aufgeteilt: Babies, 2jährige, 3 jährige, 4 jährige und 5jährige, jeweils 12 pro Gruppe. Von 6 bis 10 gibt´s dann eine Jungs und eine Mädchen Gruppe (jeweils 20 in einer Gruppe). Vorher sind die Kinder noch vermischt. Ich bin mit den Mädchen und Chrissi hat sich die 5 jährigen ausgesucht, sodass sie jeden Tag nach dem Mittagessen Mittagschlaf machen kann und wach wird, wenn wir schon gehen dürfen. Die Mädels sind manchmal ganz schön anstrengend, aber heute hab ich mir eine Kreide geschnappt und denen die wollten multiplizieren erklärt und einige Aufgaben an der Tafel rechnen lassen und viele sind vor Freude auf und ab gehüpft. Dafür hatten andere keine Lust und sind irgendwo anders spielen gegangen, was eigentlich nicht sein darf, aber wenn die Haupterzieherin noch nicht mal kommt, was soll ich denn machen. Viele Kinder fallen einem um die Hüfte oder krabbeln auf den Schoß und die frage, ob ich Mama sein will, hab ich pro Tag schon ca 10 mal mit „nein, aber ich bin gerne deine Freundin“ beantwortet. Die Nonnen sind sehr nett, aber man sieht sie nur wenig und die Frauen die mit den Kindern arbeiten sind zu mir auch sehr nett, aber für Ungehorsam gibt´s auch schon mal einen Popoklatscher mit Stock!

Viele Grüße aus SC! ♥

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endlich mal wieder feiern :)

 

Holaaa! Gestern war ich endlich mal wieder feiern! Das dritte Mal in 3 Monaten! Krise

Aber es hat totaaal Spaß gemacht, unglaublich. Wir haben uns mit einem Freund aus der Schule getroffen und er hat noch einen Freund mitgebracht und es hat sich herausgestellt, dass beide Tanzlehrer sind für „Bailes de salón“, also die Standarttänze hier, sind. Wir waren erst im Irish Pub an der Plaza und haben einen Cocktail getrunken und sind dann weiter in eine andere Bar , die irgendwie total cool war, mit so einer Musikbox, wo jeder das Lied anmachen kann, was er gerade hören will und von allen Seiten spanischen Gequatsche, ab und zu durch englisch durchmischt und ich war so glücklich mal wieder auszugehen. Vorher hatte ich meine Gastmama gebeten, mir so schräg über den Kopf einen Zopf zu flechten und während sie das gemacht hat, hatte sie gerade ihre Tochter aus den USA am Telefon und sie hat gefragt, ob Vasti auch ausgeht und Vasti so :“ Neeeein, ich glaub ich muss weinen!“ Das hat sie so spaßmäßig gesagt, aber ich glaube ein bisschen war das auch ernst gemeint, ich kenn sie ja, wie sie ohne ihren Bruder oder ihre Eltern feiert und tanzt und auch gerne mal was trinkt und sie findet es wahrscheinlich auch blöd, dass sie für ihre Eltern so ein langweiliges Stubenhockerleben führt. Naja die Reaktion von meiner Gastmama war jedenfalls „meine Tochter ist ein Engel.“ Tja die Gasttochter eben nicht hehe 😛

Wir sind dann in die Disco Shooters gefahren und die Musik war richtig gut und Chrissi und ich haben mit den Tanzlehrern gut gefeiert. Ich muss zugeben, ich war von Salsa ein bisschen überfordert, aber er hat glaub ich da direkt die schwierigsten Sachen ausgepackt, ich kam kaum hinterher 1,2,3,1,2,3 haha. Hat schon Spaß gemacht, aber traurig, dass ich diese Tänze nicht tanzen kann. Ich hab auch gehört, dass die Anfängerkurse in den Tanzschulen langweilig sein sollen, aber ich kann ja nicht direkt bei den Fortgeschrittenen anfangen. Hmm

Ich durfte dank Chrissi sogar bis 2 wegbleiben! Hachja das war schon ein witziger Abend. Das Beste ist, dass wir bis zum 10. Oktober erst mal keine Schule haben, weil gerade eine Schweinegrippewelle über Bolivien hinweg rollt und schon einige Schüler an anderen Schulen erkrankt sind und deswegen seit gestern alle Schulen geschlossen sind.  Chrissi fährt mit ihrer Schwester vielleicht nach Trininad, um ihren Opa zu besuchen und ich darf vielleicht mitkommen! Trinidad ist die Hauptstadt von dem Departamento Beni im Norden Boliviens und ist bekannt dafür, dass die Frauen dort ihre Wäsche noch im Fluss waschen. Wäre echt schön, wenn ich dort mitfahren dürfte aber noch habe ich gar nicht gefragt, weil hier immer alles so ein bisschen spontan entschieden wird und noch gar nicht klar ist, ob wir überhaupt wegfahren. Hoffentlich..

Viele Grüße aus Santa Cruz!♥

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Bushaltestellen und Bibelquiz :)

ein kurzer Textabschnitt aus einer e-mail an meinen Papa, weil ich letztens erzählt habe, dass ich eine geschlagene Stunde auf den Bus gewartet habe und dann aus Verzweiflung ein Taxi nehmen wollte, aber keins war frei! unglaublich..

also noch eine kurze Erklärung zur Haltestelle: es gibt keine Haltestellen. ist eigentlich ganz praktisch, du stellst dich einfach an den Straßenrand und wenn dein Bus kommt, hebst du den Arm um dem Fahrer zu signalisieren, dass du einsteigen willst und er hält für dich. und wenn du aussteigen willst rufst du einfach „bitte anhalten!“ und er hält an 🙂 chillig ne? ist manchmal nur blöd wenn er manchmal alle 30 Meter hält und du hast es eilig oder so..Ich hab es schon beobachtet, dass manche Leute, die 10 Meter vor dem Bus stehen, nicht etwa zu ihm hinlaufen, sondern warten bis er anfährt, die 10 Meter zurücklegt und dann wieder für sie hält, wenn sie so kurzfristig wie es geht den Arm heben. das witzige ist immer, wenn man einen zickigen oder erzieherischen Busfahrer erwischt, der für diese Leute dann nicht mehr hält, nach dem Motto „selbst schuld, hättest die paar Meter ruhig laufen können“ da lach ich mich immer kaputt. also eine Haltestelle mit Bank geschweige denn mit einem Häuschen hab ich hier noch nie gesehen.

Samstagabend war die Jugend-kirche eigentlich ganz witzig, weil wir ja immer so Bibel-Spiele spielen. der Pfarrer zitiert so die Bibel “ und er gab ihm einen Kuss auf die Wange“ und alle springen auf und rufen „Judas!“. krähs die kennen die Bibel einfach auswendig. das 2. spiel war bibelsuchen. das heißt der Pfarrer sagt “ 4. Kapitel, Vers 9 in….(Spannung aufbauen) MATEO!) und alle fangen an wie die verrückten in der Bibel zu blättern auf der Suche nach diesem Textabschnitt und der der ihn zuerst findet muss dann vorlesen. echt soo witzig. Könnte man in Deutschland Jugendliche zu so einem Spiel bewegen? Ich glaube eher nicht. Das beste war ja eh, dass alle die schon was beantwortet hatten irgendwann nicht mehr mitspielen durften und ich dann zum Schluss nur noch mit einem anderen Mädchen alleine da saß und wir gegen die restlichen Jungs antreten mussten, aber ich hab „Hechos“ nicht gefunden..blödblöd, der Pfarrer  hat gemeint, dass Vasti mir beibringen muss in der Bibel zu suchen und ich soo äähhh okeee..wohl eher nicht 😉

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Ehrfahrungsbericht über die ersten 2 Monate

Hallooo 🙂 Ich melde mich mal wieder 🙂

Vor 2 Wochen sollte ich einen Erfahrungsbericht quasi über mein komplettes Leben hier schreiben, also über meine ersten 2 Monate mit folgendem Inhalt:

ASJ/KJ –  Berichtsvorlage von Volunta

1.     Gastfamilie

(Bitte beschreib deine Gastfamilie. Wer sind sie? Wie leben sie? Wie lebst du dort? Was macht ihr zusammen? Was gefällt dir, was nicht?)

2.     Schule

(Wie ist dein Schulalltag? Was hast du für Fächer? Was war/ist besonders schwierig? Wie sind die Mitschüler? Wie läuft es mit der Sprache/dem Verstehen des Unterrichtes? Für die Kombi-Jahrler: wie klappt es mit dem bolivianischen Abitur?)

3.     Praktikum/Soziales Engagement

(Welche Tätigkeiten übst du aus/wirst du ausüben, wie ist die Anleitung, musst du selbst Tätigkeiten suchen, gibt es Sprachschwierigkeiten, macht dir die Arbeit Spaß – warum, warum nicht, musst du selbstständig arbeiten, bist du unter-/überfordert, wie sind deine Arbeitszeiten, also alles, was mit der Einsatzstelle zu tun hat; bitte auch beantworten, wenn du noch nicht begonnen hast, soweit, wie du es schon weißt)

4.     Zurechtfinden im Land, außerhalb von Gastfamilie, Schule und Arbeit

(Kontaktmöglichkeiten, Wohnen, Einkaufen, Ausgehen, Kontaktmöglichkeiten nach Deutschland, Freizeitmöglichkeiten, was machst du in deiner Freizeit/an den Wochenenden, Zurechtkommen mit der Sprache, war der Sprachkurs hilfreich?)

5.     Anmerkungen zu organisatorischen Fragen

(Dies kann betreffen: Betreuung vor Ort, Seminare, Sprachkurs, Vorbereitung, Kontakt zu Volunta etc.)

6.     Kurzer (oder langer) persönlicher Erfahrungsbericht

(Hier wünschen wir uns einen Bericht über deine Erfahrungen. Dieser Bericht sollte Befindlichkeiten ansprechen und Situationen schildern, die du in der Schule, bei deiner Arbeit oder im privaten Bereich erlebt hast; was war das bisher schönste Erlebnis, was das bisher negativste?)

7.     Tipps für andere Teilnehmer

(Hier besteht die Möglichkeit praktische Tipps für andere zukünftige Teilnehmer einzutragen. Was war für dich hilfreich (gerade zu Beginn), was hat dir gefehlt?)

als 8. und 9. Punkt konnte man noch schreiben, ob es Handlungsbedarf gibt oder ob die Organisation irgendwas vergessen hat.

Hier ist also mein Bericht:

Erfahrungsbericht  Kombi-jahr

Charlotte Baase, 19 Jahre                                                                                                                    11.9.2011

1.Gastfamilie

Meine Gastfamilie besteht aus meinen Gasteltern und 4 Gastgeschwistern, die noch zuhause wohnen. Meine Gastmutter (ca. 53 Jahre) besitzt ein Restaurant 2 Minuten von unserem Haus entfernt und dort arbeitet sie den ganzen Tag mit unserer Hausfrau und einer Küchenhilfe, sodass ich sie nur zum Mittagessen sehe und sonst eigentlich weniger. Wir haben uns noch nicht so gut kennengelernt, weil sie im Restaurant  immer sehr im Stress ist, aber sie hat sich auch schon mal die Zeit genommen, sich mit mir zu unterhalten (meistens ruft dann jemand an und dann ist unser Gespräch genauso schnell wieder vorbei, wie es begonnen hat). Aber vielleicht wird das jetzt anders, weil wir in den letzten Tagen das ganze Restaurant ausgeräumt haben, weil es meiner Gastmutter schlecht geht. Sie ist total übergewichtig und es ist wahrscheinlich zu anstrengend für sie, den ganzen Tag im Restaurant in der Küche zu stehen. Sie scheint sich aber über ihr Gewichtsproblem gar nicht so im Klaren zu sein, da sie immer die Teller von allen Familienmitgliedern aufisst und einmal hatte sie sogar schon mein Fleischstückchen in der Hand und wollte es essen, obwohl ich es selbst noch essen wollte..Da muss man sein Essen bisschen verteidigen.. Sie ist aber sonst total nett und immer freundlich zu mir und stellt mich anderen als ihre Tochter vor J  Wenn wir jedes Wochenende gemeinsam in die Kirche gehen, kommt irgendwann ein Lied, bei dem alle rumgehen und einander begrüßen und sie drückt mich dann immer total lange und sagt: „Dass Gott dich immer, immer, immer beschützt“ und das ist schon süß. Meine Familie ist total religiös, was mir schon einige Lehrstunden über den Inhalt der Bibel beschert hat und natürlich gehen sie jedes Wochenende drei Mal zur Kirche! Ich gehe meistens „nur“ zwei Mal mit, weil drei Mal für mich, die in Deutschland kein einziges Mal im Jahr zur Kirche geht, entschieden zu viel ist. Samstagabend ist die Kirche nur für Jugendliche (wahrscheinlich um zu verhindern, dass die Kirchenjugend in die Disco geht) und Sonntagmorgen, sowie Sonntagabend ist Gottesdienst für alle. Sonntagmorgen lass ich dann meistens ausfallen, weil ich von der Woche immer so fertig  bin, dass ich einfach irgendwann mal ausschlafen muss..

Mein Gastvater (ca. 47 Jahre) ist irgendwie nicht so der herzliche Typ und guckt sehr oft grimmig und ich habe mich schon oft gefragt, ob es vielleicht ein Problem mit mir gibt, aber er hat nie was gesagt..Aber ist gibt auch oft Momente, wo er mich strahlend anlacht, wenn ich irgendwas erzähle und er hat sich auch schon öfter zu mir gesetzt und mich über meinen Tag ausgefragt und das Gespräch gesucht, was mich natürlich jedes Mal wieder freut. Er ist auch sehr hilfsbereit und hat mir versichert, dass ich immer um Hilfe bitten kann, auch wenn ich sie  morgens um 6:15 Uhr  wecken muss, weil ich das Brot zum Frühstücken nicht finde. Ich weiß auch nicht, warum sie das jeden Abend an einen anderen Ort legen, sodass ich morgens viel Zeit mit Suchen verliere. Er handelt in seinem Beruf mit Medikamenten und muss deshalb einmal im Monat eine Woche verreisen und unter der Woche sehe ich ihn meistens, genauso wie meine Mutter, nur im Restaurant.

Meine Gastschwester Vasti (16 Jahre) hilft ihrer Mutter morgens im Restaurant und geht nachmittags zur Schule, weil ihre Schule so groß ist, dass die älteren Schüler nur am Nachmittag unterrichtet werden können. Deshalb sehe ich auch sie nur mittags und abends und sonst am Wochenende verstärkt. Ich verstehe mich total gut mit ihr, worüber ich total froh bin, andererseits bin ich froh, dass sie unter der Woche Nachmittags weg ist, weil sie mit ihren 16 Jahren manchmal doch sehr laut, „kreischig“, kindisch und einfach anstrengend sein kann. Sie ist auch total engagiert in der Kirche und leitet dort eine Kindergruppe, denen sie Geschichten aus der Bibel beibringt. Ich hab sie schon mal gefragt, ob sie einen Freund hat oder verliebt ist und ihre Antwort war:“ nein, ich bin ein gutes Mädchen“, aber ihre Facebook-posts sind dafür doch ein Tick zu romantisch..

Am meisten hab ich mich bisher mit meinem Gastbruder Kevin (17 Jahre) unterhalten. Er hat schon vor einem Jahr Abitur gemacht und seitdem aber nicht angefangen zu studieren oder eine Ausbildung zu machen, sodass er den ganzen Tag zuhause chillt oder Fußball mit seinen Freunden spielt. Als ich gerade frisch ankam, war er mir eine große Hilfe, weil er mir zeigen konnte, wie ich mit dem Bus in die Stadt komme oder weil er mich an den ersten Tagen mit zur Schule begleiten konnte. Mit ihm verbringe ich auch die meiste Zeit, weil er ja nichts zu tun hat und wir somit schon etliche Gespräche über Gott und die Welt geführt haben (im wahrsten Sinne des Wortes, er ist auch sehr gläubig). Er wurde aber letztens von seinen Eltern unter Druck gesetzt endlich mal was aus seinem Leben zu machen und jetzt möchte er im März anfangen zu studieren. Am liebsten würde er aber nach Amerika zu seinen zwei erwachsenen Schwestern ziehen, dort viel Geld verdienen und sich hier dann die großen Villen bauen. Dieser „american dream“ nach Amerika zu gehen, dort das große Geld zu machen und dann hier billig zu leben, habe ich hier schon oft bemerkt. Meine Schwester Vasti hat auch vor, Medizin in Amerika zu studieren..

Meine zwei kleinsten Geschwister Kristel (11Jahre) und Sebastian (5 Jahre) sind gar nicht die leiblichen Kinder meiner Gasteltern, sondern kommen aus einer sehr armen Familie, mit einer allein erziehenden Mutter und insgesamt 9 weiteren Geschwistern. Meine Gasteltern sind, wie gesagt, sehr hilfsbereit und ermöglichen somit diesen zwei Kindern ein besseres Leben mit sauberer Kleidung, täglichen Mahlzeiten und einer (zwar schlechten) Schulausbildung auf einer Staatlichen Schule. Kristel wohnt glaub ich schon seit 2 Jahren in der Familie, aber Sebastian haben sie erst vor 2 Wochen dazu geholt, aber er ist ein sehr aufgeschlossener kleiner Junge, der ununterbrochen redet, leider aber kein „r“ aussprechen kann (sagt zB anstatt „hambre“ „hambie“), sodass ich ihn kaum verstehen kann. Das scheint ihn aber nicht zu stören, er redet trotzdem weiter 😉  Kristel ist in Anwesenheit der anderen Familienmitglieder sehr still, zurückhaltend und höflich, aber wenn wir alleine sind, ist sie ihrem Bruder sehr ähnlich J

Um zu meinem Zimmer zu kommen, muss man durch das ganze Haus und den Garten durchlaufen. Ich wohne nämlich in einem extra-Häuschen und mein Zimmer ist auch viel kleiner, als das der anderen Familienmitglieder. Dafür habe ich mein eigenes Bad mit Spiegel, Waschbecken, Dusche und Toilette! Das ist nicht selbstverständlich, die Chrissi hat nur ein Waschbecken und eine Dusche und muss für alles andere rüber ins Haupthaus (sie wohnt auch in einem Gartenhäusschen). Ansonsten steht in meinem Zimmer ein Schreibtisch, ein Schreibtischstuhl (hab ich vor ein paar Tagen ergattert), ein Bett und ein kleiner Schrank oder besser gesagt eine Ablagefläche aus Bambusstäben für meine Klamotten. Es ist hier eher unpraktisch richtige Schränke zu haben, weil im Sommer die Klamotten bei der hohen Luftfeuchtigkeit schimmeln können. Ach und ein richtig altes, aber funktionsfähiges Radio hab ich letzten auch in einer Abstellkammer gefunden und mein Bruder hat mir eine Box angeschlossen und jetzt hab ich bolivianisches Radio in meinem Zimmer (bedeutet, dass ich fast den ganzen Tag Justin Bieber oder Selena Gomez höre).

Die einzigen Familienaktivitäten finden am Wochenende statt, wenn meine Eltern nicht arbeiten und Vasti und ich nicht zur Schule müssen. Jeden Sonntag nach der Kirche gehen wir mit den anderen Kirchenfreunden essen und die letzten zwei Sonntagabende nach der Kirche waren wir in einer Eisdiele bei der Plaza! Da ist natürlich der Anreiz mit in die Kirche zu gehen direkt viel höher 😉  Schon nach einem Monat war ich mit Kevin und Chrissi bei unserer Tante in Cochabamba und habe dort meine Cousinen und die Stadt kennengelernt, das war echt toll! Vor allem, weil dafür ein bisschen Schule ausgefallen ist 😉 Weihnachten verbringen wir vielleicht auch dort J

Am Anfang hatte ich ein paar Schwierigkeiten mich an das Essen zu gewöhnen, weil es jeden Tag frittierten Reis mit frittiertem Fleisch gibt. Ich mein, manchmal gibt es Hühnchen, dann Schwein und am nächsten Tag Rind, aber für mich ist alles einfach Fleisch und in der dritten Woche konnte ich das echt nicht mehr sehen und hab mir einfach nur Spaghetti mit Tomatensoße gewünscht. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, aber wenn es im Restaurant doch mal Nudeln geben sollte, freue ich mich trotzdem übertrieben über diese Seltenheit. Ich bin auch ein Mensch, der total gerne richtig schönen Salat isst, mit Tomaten, Gurken, Mais, Schafskäse und allem was dazu gehört, aber hier besteht Salat aus Tomaten mit Zwiebeln oder Tomaten mit gekochten Karotten und roter Bete und das ist nicht so mein Fall.

Eine Sache, die mich an meiner Gastfamilie ab und zu noch stört ist, dass ich immer mit den zwei Gastschülerinnen verglichen werde, die vor mir hier waren. Die erste  muss eine absolute Traumaustauschschülerin gewesen sein, so wie die hier alle von ihr schwärmen. Jeder in der Kirche oder in Cochabamba kennt sie und fängt sofort an von ihr zu schwärmen, das ist richtig nervig und setzt mich total unter Druck. Es gibt mir einfach das Gefühl, dass ich nie so toll sein werde oder dass mich die Familie nie so sehr mögen wird, wie sie und das stresst mich total. Ich bin nur froh, dass die zweite Gastschülerin offenbar nicht so toll war, weil mir meine Familie bisher nur schlechtes von ihr erzählt hat. Mein Bruder hat erzählt, dass meine Familie sich total über sie geärgert hat, weil ihr Zimmer wohl total dreckig war, sodass sogar einmal Nacira kommen musste, um sich das anzuschauen und dass meine Gastmutter total viel Wert auf Sauberkeit legt, aber darüber kann ich ehrlich gesagt nur lachen. Wenn sie wirklich so viel Wert darauf legen würde, dann wäre die Küche nicht so dreckig, dann würden keine Schaben durch die Spüle krabbeln oder dann müsste mein Bruder keine Kakerlaken im Haus tot treten..Im Restaurant wird auch immer das alte Öl von einer Pfanne in die andere gekippt, das hat mich am Anfang auch noch angeekelt..

 

2. Schulalltag

Die Schule ist irgendwie total anders als erwartet. Ich hab in Deutschland noch G9 gemacht, also 13 Jahre Schule und ich bin immer gerne zur Schule gegangen. Deswegen war die Überlegung, dass ich hier nochmal zur Schule gehe, um natürlich viele Vokabeln im Unterricht zu lernen und in der Klasse Freunde zu finden, weil es mir ja eh immer Spaß gemacht hat. In Wiesbaden haben Chrissi und ich erfahren, dass wir auf dieselbe Schule gehen werden und wir haben damals ausgemacht, dass wir nicht so viel deutsch reden werden, wenn wir uns in den Pausen treffen, aber hier hat sich herausgestellt, dass wir zusammen in einer Klasse sind! Die Schule an sich ist total klein mit insgesamt 200 Schülern von Grundschule bis zur Abschlussklasse und in unserer Klasse sind nur 10 Bolivianer und eben wir zwei Deutsche. Am Anfang war ich noch froh, Chrissi zu haben, weil wir gemeinsam zur Schule fahren konnten und wir im neuen Umfeld wenigstens uns hatten, aber es ist einfach nur schlecht für uns, dass wir gemeinsam in einer Klasse sind. Wir reden praktisch die ganze Zeit deutsch, vor allem auch weil der Unterricht so sterbenslangweilig ist und wir isolieren uns damit selbst vor den anderen, weil natürlich keiner unserer Klassenkameraden ein Gespräch mit uns anfängt, wenn wir gerade auf Deutsch in ein Gespräch vertieft sind. Aber für uns ist es auch nicht einfach, kein deutsch zu sprechen. Wenn Pause ist, guckt man sich in seiner Klasse aus 10 Bolivianern um, mit wem man denn vielleicht ein Gespräch auf Spanisch beginnen könnte, aber in der Ecke knutscht das Pärchen, der eine zockt gerade auf seinem Handy, die Klassenstreberinnen lernen fleißig für den anstehenden Test und mit dem Klassenidioten will man sich auch nicht unterhalten. Wer bleibt da? Christina! Und so ist das praktisch jeden Tag. Wir wissen selbst, dass wir nicht so viel deutsch reden sollen, aber so ist halt die Situation. Ich glaube, Sevi und Gina sind auch gemeinsam in einer Klasse, aber deren Klasse ist ca.30-40 Mann groß und da hat man viel mehr Möglichkeiten einen Ansprechpartner zu finden oder Anschluss zu finden. Ich persönlich finde meine Klassenkameraden größtenteils total kindisch und nervig und möchte mich in meiner Freizeit gar nicht mit ihnen treffen. Die sind ja auch erst 16-17 Jahre alt und ich mit meinen fast 20 Jahren fall da bisschen raus. Die Idee aus Deutschland, dass ich in der Schule Freunde finde, hat sich also schon mal aufgelöst und deshalb sitze ich die Zeit im Prinzip nur ab.

Die meisten Lehrer bereiten ihren Unterricht nicht vor und es ist total langweilig, sodass ich die Zeit im Unterricht meistens zum Tagebuch schreiben nutze oder irgendwas anderes mache. Da ich ja schon Abi hab, kann ich hier auch nicht mehr den Ehrgeiz entwickeln, gut in der Schule zu sein oder Hausaufgaben zu machen oder so. Wenn die Lehrer nachfragen, ob ich was gemacht habe, tun Chrissi und ich dann meistens so, als würden wir kein Wort verstehen und dann lassen die Lehrer von uns ab..Naja es war einfach eine Fehlentscheidung von mir das Auslandsjahr mit Schulanteil zu wählen, aber eigentlich konnte ich ja nicht wissen, dass ich mit Chrissi in einer Klasse landen würde und wir uns gegenseitig so behindern. Aber Volunta oder die Aufnahmeorganisation hat ja schließlich auch versprochen, dass so etwas nicht vorkommt..oder?

Max hat auch gesagt, dass Chrissi oder ich schon direkt am ersten Schultag um einen Schulwechsel hätten bitten müssen, damit das klappt, aber zu dem Zeitpunkt waren wir ja noch froh über unsere Gesellschaft.

Bei dem Bogen, den man ganz am Anfang für die Organisation ausfüllen musste stand ja auch: Willst du dort bolivianisches Abitur machen? Ja oder Nein.

Und das hat mich total in die Irre geführt, weil ich damals tatsächlich gedacht hab, ich könnte hier Abitur machen, was im Nachhinein natürlich total dumm von mir war, weil man in 4 Monaten Schule  ja niemals irgendwo Abitur machen kann. Die Frage im Fragebogen müsste deshalb so lauten: Willst du am Ende des Schuljahres die finalen Examen mitschreiben, obwohl du dafür kein Abitur bekommst, einfach nur so zum Spaß und für ein Zeugnisartigen Bogen auf dem dann deine Ergebnisse stehen? Ja oder Nein.

Naja, soviel zum „bolivianischen Abitur“..

Das ist mein Stundenplan:

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
Mathe Mathe Englisch Geografie Literatur
Literatur Mathe Philosophie Philosophie Literatur
Geschichte Bio Ethik und Moral Mathe Musik
Geschichte Physik Musik Kunst Kunst
Physik Chemie Chemie Powi Englisch
Physik Chemie Sport Bio Informatik

Beginn: 7:30 Uhr ->bedeutet um 6 Uhr aufstehen, weil ich eine halbe Stunde Bus fahre und morgens ja immer mein Frühstück suchen muss.

Ende: 12:35 Uhr -> chillig

3. Praktikum

Vor einer Woche hatten wir ein Treffen mit Max und Nacira und durften dort Wünsche zu unserem Praktikum äußern. In Deutschland hatte ich noch geplant, hier eventuell als Lehrerassistentin zu arbeiten, weil ich Lehrerin werden möchte, aber jetzt da ich gesehen hab, wie unmotiviert die Lehrer hier arbeiten, hab ich gar keine Lust mehr meine Energie an die zu verschwenden..

Deshalb möchte ich in einem Kinderheim arbeiten und habe mit Chrissi (im Unterricht) auch schon viele Ideen entwickelt, was man mit den Kindern alles machen könnte und ich freue mich schon auf das soziale Praktikum! Mein einziges Kriterium ist, dass ich eigentlich auf keinen Fall mit anderen Deutschen in einem Heim arbeiten möchte. Ich glaube so etwas ist in Santa Cruz mittlerweile schwierig zu finden, aber es wäre mir wirklich wichtig, weil es mich ja selbst nervt, wie viel deutsch Chrissi und ich reden..Ich habe auch schon ein Kinderheim in meiner Nachbarschaft besucht, um zu gucken, ob mir das dort gefallen würde, aber dort waren 6 Deutsche! Und das möchte ich auf keinen Fall..

Gestern gab es auch ein Missverständnis mit Max und Nacira, weil Nacira mich angerufen hat und mir mittgeteilt hat, dass ich Montag anfangen kann in einem Kinderheim zu arbeiten und ich war total verwundert, weil ich nicht darum gebet habe, früher als geplant anfangen zu dürfen. Bei dem Treffen habe ich nur gefragt, ob es möglich ist, dass ich mich ein bisschen in der Uni rumtreibe, anstatt in der Schule, weil da mehr Leute in meinem Alter sind und bei Unis das Sportangebot außerdem besser ist, aber ich hab nix von früherer Arbeit gesagt. Ich hab Nacira dann gebeten, mir den Platz für November aufzuheben, wenn das soziale Praktikum normalerweise beginnt, aber sie hat noch gemeint, dass dort vielleicht noch Deutsche dazukommen werden, aber dass ich die ja nicht so oft sehen werde, aber da sehe ich doch auch schon wieder kommen, dass ich mich in der neuen Umgebung erst mal zu denen flüchte und es dann wieder von vorne losgeht..

Chrissi hat mir dann später erzählt, dass Nacira noch bei ihr angerufen hat, um ihr meinen Arbeitsplatz quasi „aufzudrängen“, obwohl Chrissi ebenfalls nicht darum gebeten hat, früher anfangen zu dürfen..komisch

4. Zurechtfinden im Land

Ich wohne zwar recht weit Außerhalb, es gibt aber direkte Busverbindungen zur Plaza und zum Markt, sodass ich recht früh alleine weg durfte um Einkäufe für mich zu erledigen oder um  mich in der Stadt umzugucken. Ich habe Santa Cruz noch gar nicht so richtig als Tourist besichtigt, aber ich hab auf jeden Fall vor, demnächst mal mit meinem Reiseführer durchs Zentrum zu bummeln! Es gibt hier glaub ich echt viel zu entdecken. Bevor ich irgendwo hinfahre, frage ich immer meine Eltern um Erlaubnis und sie haben mir einmal gesagt: „Charlotte, du darfst im Prinzip überall hingehen wo du willst, nur sei immer vorsichtig“.

Mein 17 jähriger Bruder ist da irgendwie mehr „möchtegern-Papa“, weil er einmal zu mir gesagt hat, dass meine Eltern mir eine Sache eh nicht erlauben werden und ich gar nicht zu fragen brauche. Er war dann ein bisschen erstaunt, als ich dann trotzdem gefragt habe und sogar die Erlaubnis bekommen habe.

Ich gehe seit 3 Wochen jeden Samstagnachmittag zu einem Jazz/Ballett Kurs mit Jungs und Mädchen in meinem Alter und es mach total Spaß. Dieser Kurs findet auch zwei Mal unter der Woche statt, allerdings Enden die Stunden dann erst um 10 Uhr abends. So spät fahren dann nicht mehr so viele  Micros und die Stadt ist bei Dunkelheit am gefährlichsten. Als ich meinen Gastpapa gefragt hab, ob ich an den Stunden teilnehmen darf, hab ich ihm angesehen, dass er die Idee nicht so gut fand, deswegen hab ich mit dem Tanzlehrer abgesprochen, nur einmal die Woche hinzugehen.

Ich war sehr früh bei einem Volleyballtraining von einem Mädchen aus der Kirche, aber dort waren lauter 15-16 jährige, die sich mehr auf den neusten Klatsch und Tratsch konzentriert haben, sodass mir das Training nicht so viel Spaß gemacht hat. Als ich gesagt habe, dass ich dort nicht mehr hingehen will, weil ich lieber Mädchen in meinem Alter kennenlernen will, wurde ich sofort von den Eltern des Mädchens angesprochen oder zur Rede gestellt, warum ich nicht mehr trainiere und aus meiner Erklärung haben sie geschlossen, dass ihre Tochter und dessen Freundinnen für mich wohl zu kindisch sind, weshalb die Tochter eine ganze Weile nicht mehr mit mir geredet hat. Diese Eltern sind die nervigsten von allen, die ich bisher in der Kirche kennengelernt habe. Jedes Mal, wenn ich Sonntagmorgens nicht in der Kirche war, stellen sie mich abends sofort zu Rede:“ Was war denn los, du warst ja heute gar nicht da!“ und ich kann denen ja schlecht sagen, dass mir die Kirche persönlich nicht so wichtig ist und ich die zwei Mal, die ich mit gehe, auch nur meiner Familie zu liebe (und unserem Verhältnis zu  liebe) mitgehe und dass ich Sonntagmorgen einfach auf das ganze Singen, Beten und dem Pfarrer lauschen keine Lust hab, eben auch weil ich einfach nicht an die Kirche und an die Bibel glaube. Das „ ich hab einfach keine Lust“ zählt bei Menschen einfach nicht, die fest daran glauben, dass Jesus auf die Erde zurückkehren wird und dass bald die Welt untergeht und nur diejenigen gerettet werden, die an Gott glauben und das alles. Für die hat die Kirche ja einen richtigen Sinn. Für mich nun mal nicht..

Jedenfalls wollte ich auch nicht mehr in diesem Volleyballteam spielen, weil da eben lauter religiöse Mädels spielen  für die ist Tanzen, laute Musik und generell Spaß schlecht ist, deshalb wollte ich mir lieber weniger religiöse Freundinnen suchen, mit denen ich auch mal ausgehen kann.

Ich war ziemlich lange auf der Suche und auch ziemlich frustriert, als mir meine deutschen Eltern den Tipp gegeben haben, doch mal bei einer Uni zu fragen, ob ich bei deren Volleyballteam mitmachen darf, weil auf der Uni ja mehr Leute in meinem Alter sind. Ich bin dann auch zur Uni und habe dort  aber eine Abfuhr bekommen, weil wohl nur Studentinnen mitmachen dürfen und niemand von Außerhalb, aber sie haben mir die Nummer vom Trainer gegeben. Für ihn war es gar kein Problem, dass ich keine Studentin bin und ich gehe dort einmal die Woche zum Training. Über ihn habe ich zufällig das Volleyballteam kennengelernt, in dem ich jetzt fest spiele! Also habe ich jetzt eine feste Mannschaft mit ca 15 Mädchen von 14 bis 25 Jahre alles dabei, mit denen ich auch Spiele gegen andere Teams spielen werde und die Unimannschaft, mit bisschen weniger Mädchen, bei denen ich immer noch trainieren darf.

Sprachlich komme ich hier sehr gut zurecht. Meine Familie hat von Anfang an sehr langsam und deutlich mit mir gesprochen und ich habe mit Händen und Füßen und Geräuschen geredet und ab und zu mach ich schon mal Pantomime, wenns sein muss. 😉

Ich merke meinen Fortschritt verglichen mit der Zeit vor Bolivien total. Viele Wörter die ich hier neu gelernt habe, kann ich selbst auch schon aktiv gebrauchen und Grammatik habe ich im Unterricht auch schon selbstständig gepaukt. Ich habe Gott sei Dank nicht den Sprachkurs gebucht, der soll total schlecht gewesen sein, was ich so von den anderen gehört habe..

Ich habe viel Kontakt nachhause und meine Eltern freuen sich sehr, durch meinen Blog und meine fast täglichen Mails an meinem neuen Leben teilhaben zu können. Skypen funktioniert auch total gut. Der einzige Internetanschluss ist bei meiner Schwester im Zimmer, aber da wir uns gut verstehen und sie unter der Woche den ganzen Nachmittag weg ist, habe ich eigentlich immer die Möglichkeit online zu gehen. Es hieß ganz am Anfang „ In 2 Wochen haben wir w-lan“, aber ich glaube das wird nix mehr. Noch habe ich keine schlimme Heimweh-Phase gehabt, nur als ein Päckchen von meiner Familie hier bei der Post ankam und meine Verwandte, auf dessen Namen das Päckchen gesendet wurde, es fünf Tage lang auf den nächsten Tag verschoben hat mein Päckchen abzuholen, habe ich ein bisschen die Nerven verloren. Es war schwierig auszuhalten zu wissen, dass etwas von den Eltern so nah ist, man es aber trotzdem die ganze Zeit nicht bekommt, nur weil der Verwandten das Päckchen nicht so wichtig ist, wie einem selbst.

Ein bisschen nervig ist, dass mir meine Eltern am Wochenende nur erlauben, bis 1:30 Uhr in die Disco zu gehen. Da sie so evangelisch sind und generell laute Musik und tanzen ja schlecht sind, kann ich eigentlich froh sein, überhaupt tanzen gehen zu dürfen, aber die Discos machen hier erst gegen 12 Uhr auf und dann gehen wir schon wieder um eins, weil wir so lange nachhause brauchen (Chrissi und ich). Meine Eltern sagen, dass ab 2 zu viele Betrunkene in der Disco sind und irgendwann die Prügeleien losgehen und das zu gefährlich ist, aber so was kann mich ehrlich gesagt nicht erschrecken, da müssten die mal meine Lieblingsdisco in Frankfurt kennenlernen..Ich würde gerne selbst wenigstens einmal länger bleiben, um mal zu sehen, ob das tatsächlich so gefährlich ist, wie sie sagen oder nicht, damit ich mehr Verständnis für dieses Zeitlimit aufbringen kann. Letztens habe ich mich mit meiner Schwester und einem Freund für die Plaza verabredet und ich dachte mal, ich frag mal, wie lange ich wegbleiben darf, schließlich gehen wir ja nicht tanzen oder trinken, wir treffen uns ja ganz harmlos und gehen eine Pizza essen, mehr nicht. Und was sagt meine Mutter? „Hhhmm..Du darfst so bist 12 oder 11 wegbleiben.“   Und es war schon viertel nach zehn.

Warum nur so kurz, wo wir noch nicht mal in der Disco mit den ganzen Betrunkenen waren? Sowas verstehen ich halt nicht, aber Vasti und ich waren trotzdem erst nach 2 Uhr zuhause und für sie gabs dann Hausarrest, aber für mich nicht (war nicht so schlimm für sie, ich hab das Gefühl, dass es ihr ein bisschen gefallen hat unter den anderen Kirchenmäuschen auf einmal die Böse zu sein, die zulange in der Stadt war. So bad-girl Image zu haben 😉

5. Anmerkungen

Bis auf die Tatsache, dass ich von der Schule enttäuscht bin kann ich mich nicht beklagen! Für die nächsten Jahre würde ich nur empfehlen größere Schulen mit mehr als nur einer Miniklasse im Abschlussjahrgang zu wählen, wenn man zwei deutsche auf eine Schule schickt. Man kann sich vornehmen was man will, man wir doch deutsch reden, das könnt ihr mir glauben. Als wir in Buenos Aires festsaßen, haben die anderen überlegt, dass wir uns alle zwei Wochen mal zum gemeinsamen Kochen treffen können und ich war damals nicht so begeistert, weil ich nicht so viel deutsch reden wollte, aber so ein Treffen wäre ja nur alle 2 Wochen gewesen und jetzt quatsche ich jeden Tag mit Chrissi, allem was ich mir vorgenommen habe zum Trotz. Für Chrissi und mich macht die Schule ja so wie die Zustände gerade sind gar keinen Sinn, außer dass wir ein bisschen Physik und Chemie wiederholen..

6. Persönlicher Erfahrungsbericht

Bei unserer Anreise haben wir ja ungeplant 4 Tage in Argentinien verbracht! Ich erinnere mich noch, wie aufregend, spannen, beängstigend und nervig das alles zugleich war. Als wir am Flughafen Buenos Aires ankamen, wären es Planmäßig nur noch 2 Stunden gewesen, bis wir unsere Gastfamilien kennengelernt hätten und ich war fix und fertig mit den Nerven, total nervös und habe sogar jede einzelne Frage übersetzt (von diesem Zettel mit möglichen Fragen, die man der Familie stellen kann, wenn man nicht weiß, worüber man reden soll) , um möglichst gut vorbereitet zu sein.

Nachdem wir aber vier Tage lang ohne direkten Ansprechpartner der Organisation in Argentinien überlebt hatten, bin ich tausend Mal selbstbewusster in meine Gastfamilie gegangen. Man muss sich mal überlegen, was für ein Abenteuer das für uns war. Gerade für ein Jahr von Familie, Freund und Freunden verabschiedet und kaum 14 Stunden später hocken wir den ganzen Tag im Flughafen und verstehen nur mit Mühe das akzentreiche Spanisch der Argentinier und können kaum fassen, dass bei unserem Flug „cancelled“ steht. Dann war es ein riesiger Akt überhaupt aus dem Flughafen rauszukommen, weil das ja nicht geplant war und  herauszufinden, dass die Fluggesellschaft uns eine Nacht im Hotel bezahlen würde. Am nächsten Morgen haben wir uns schon um 2 Uhr früh auf zum Flughafen gemacht, um die ersten beim  nächsten Flug zu sein, wobei an diesem Morgen noch ein Reisepass verloren gegangen ist  und  nach ca. 4 Stunden herumtelefonieren und zurück zum Hotel gefahre wieder gefunden wurde. Das alles mussten wir natürlich auf Spanisch geregelt kriegen, weil kein Mensch an diesem Flughafen englisch spricht. Daraufhin kam die Übernachtung im Hostel, bei der uns Max aus Bolivien aus geholfen hat und die Planung der Busreise, wie gesagt ohne direkte Hilfe vor Ort. Diese Erfahrung direkt am Anfang hat mich total bestärkt bei meiner Gastfamilie auch direkt munter draufloszureden, komme was wolle, in Argentinien hatten wirs ja schließlich auch geschafft. Meinen vorbereiteten Fragenzettel habe ich dann gar nicht mehr gebraucht!

Ein Erlebnis was mich auch zum Stauen gebracht hat war das Treffen bei Herrn Steiner. Chrissi und ich waren bisschen zu früh da und waren kurz in der Küche, um was zu trinken und dort haben wir ganze 7 verschiedene Cornflakes und Müslisorten entdeckt! Da ist Chrissi und mir schon die Kinnlade heruntergefallen, weil Chrissi meistens nichts oder trockene Kekse frühstückt und ich seit Beginn immer darum kämpfen muss, dass es Cornflakes gibt. Oft gibt es Brot mit Marmelade, was ich aber dann morgens und abends esse (ähnlich wie mit dem Reis und Fleisch am Mittag, das kann man irgendwann einfach nicht mehr sehen), aber ich habe meiner Familie schon erklärt, dass ich wenn ich morgens um kurz nach 6 frühstücke (wenn ich morgens aus dem Haus gehe, schlafen noch alle!), so etwas schweres wie Brot einfach nicht runter kriege und ich lieber etwas leichtes wie Cornflakes esse. Es gab auch schon oft extra für mich eingekaufte Cornflakes, worüber ich mich jedes Mal immer wieder freue, aber wenn es welche gibt, dann nur für kurze Zeit, weil sich dann zeigt, dass jeder in diesem Haushalt gerne Cornflakes nascht.. weil ich morgens ja auch öfter mal auf die Suche nach Essen gehen muss und auch das ein oder andere mal nichts finden kann, habe ich mir mittlerweile einen heimlichen Cornflakes Vorrat angelegt, der sich in meinem Koffer unter meinem Bett befindet. Ich selbst finde auch total doof, dass ich zu dieser „Maßnahme“ greifen musste, aber ich habe meine Eltern zu Anfang  gefragt, ob sie mir Cornflakes kaufen oder ob ich sie mir selbst kaufen muss (wenn keiner außer mir sie isst, kann man ja verstehen, dass die Eltern sagen, dass man sie sich selbst kaufen muss), aber sie wollten sie mir selbst kaufen, was ich total nett finde! Nur gibt es wie gesagt nicht immer was und damit ich morgens immer was essen kann, habe ich mir ebenheimlich diesen Vorrat angeschafft. Nun will ich das aber meinen Eltern nicht zeigen, damit sie nicht denken „ach die hat ja ihre eigenen, dann kaufen wir gar nix mehr“ denn schließlich haben sie ja gesagt, dass sie mir das kaufen. Aber ich selbst fühle mich bei der ganzen Sache nicht wohl, ich mag es nicht solche Geheimnisse vor der Familie zu haben, denn irgendwann kommt so etwas immer raus und dann gerate ich sicher in Erklärungsnot und sie sind enttäuscht von mir oder so, aber andererseits starte ich schon genervt in den Tag, wenn ich nix zu Essen gefunden habe..

Aber eigentlich sind es ja nur Cornflakes, da gibt es sicher größere Probleme, aber bei Herrn Steiner hab ich dann gemerkt, dass der Haushalt schon halb-europäisch ist, bei dem Frühstücksangebot!

Wirklich schön war es in Sucre und Cochabamba! Es ist toll, dass man Sucre schon so früh kennenlernt und ich war froh, Cochabamba auch so früh kennenlernen zu können! Zwei echt schöne Städte!

 

7. Tipps für Teilnehmer

1. Nicht barfuß rumlaufen! Dreckige Füße werden nicht gerne gesehen, nur die wirklich Armen laufen barfuß rum, wenn es heiß ist Sandalen oder im Haus Flip Flops tragen.

2. auf jeden Fall eine warme Winterjacke mitnehmen! Santa Cruz kann richtig richtig kalt werden. Von Wollstrumpfhosen über Mützen und Handschuhe entweder mitnehmen oder hübsch traditionell in Sucre einkaufen.

3. wenn die Familie religiös ist, auf jeden Fall mit dem Essen warten, bis gebetet wurde! (Sollte eigentlich klar sein, aber ich habe schon gehört, dass die ein oder andere Gastschülerin das nicht respektiert hat)

4. mein Bruder hat mir gesagt, dass im Micro nicht gegessen werden darf und es halten sich hier auch alle daran.

Das war jetzt ganz schön viel, aber man erlebt hier ja auch eine Menge!

Viele liebe Grüße aus Santa Cruz! Die Stadt hat heute (24.9.) übrigends ihren 201. Geburtstag! Mal sehen, wie die Crucenos feiern können 😉

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Päckchen und Training

Holaa!

Gestern vor 2 Monaten sind wir aus Deutschland abgeflogen! Krass, wie schnell die Zeit vergeht, aber solche Abenteuer wie Buenos Aires sind schon gefühlte 6 Monate her..

Haachja was gibt’s neues?

Ich war gestern Abend bei nem Volleyballtraining von dem Team „Hamacas“, also Hängematten, aber so heißt auch das Stadtviertel also bin ich guter Dinge, dass wir im Training nicht nur rumhängen werden..;)  War ganz gut, obwohl ich ca. 25 min auf den Bus warten musste und dann fast eine Stunde dorthin gefahren bin! Man muss wissen dass ich im 7. Ring nördlich der Stadt wohne, also um das Zentrum ist der 1. Ring und je weiter außerhalb, desto höher die Nummer des Rings. Vom 7. Ring brauch ich mit dem Bus schon ne halbe Stunde in die Stadt und die Halle zu der ich gestern wollte liegt zwischen dem 2. Und 3. Ring im Süden, also einmal durchs Zentrum durch auf die andere Seite! Puuh ganz schön viel Zeit im Micro verbracht..Aber es hat sich gelohnt. In der Mannschaft sind viele Mädels in meinem Alter, die gestern auch schon eifrig „Ich liebe dich“ gelernt haben und auch richtig gut Volleyball spielen! Ich mit meiner 2 monatigen Sportpause bin da eher negativ aufgefallen, aber mit der Zeit wird das bestimmt..So ein richtiges Training war das aber irgendwie auch nicht. Am Anfang ein bisschen Einschlagen und dann haben wir direkt 6 gegen 6 gespielt, was total Spaß gemacht hat, weil wir sofort mit System gespielt haben und ich auf meiner gewohnten Position als Diagonal mitspielen konnte! Ich war echt froh, die verschiedenen Läufersysteme schon zu kennen, sonst wäre ich da komplett untergegangen..Am Ende des Trainings wollte ich den Trainer bitten, für mich ein Taxi zu rufen, weil ich am Telefon mit dem Spanisch noch nicht sooo gut klar komme und er meinte so :“Ach weißt du, ich fahr immer ein paar Mädchen nachhause, du wohnst zwar weit weg, aber ich bring dich.“ Chillig chillig. Hier sind echt alle so nett, das hab ich ja schon in meinem Text über die Kriminalität geschrieben. Gestern als ich auf den Bus gewartet hab, hatte ich auch mein Pfefferspray zur Sicherheit unter meiner Jacke in der Hand, nach dem Motto „immer aufs Schlimmste gefasst sein“  und dann kam so ein Mann (ca 60 Jahre) und hat da im Dunkeln mit mir an der Straße gewartet und so nach 20 min warten sind wir ins Gespräch gekommen und haben sogar im Bus weitergequatscht über Bolivien, Deutschland, die Unterschiede oder warum ich mich ausgerechnet für Bolivien entschieden hab. Total nett, aber wenn man hier die Nachrichten schaut, erwartet man echt immer das Schlimmste, weil es ja schlechte Menschen geben muss, die all die Kinder und Mädchen missbrauchen, aber ich bin doch immer wieder positiv überrascht und natürlich heilfroh, noch keine negativen Erfahrungen gemacht zu haben. Aber gestern zum Beispiel war die Schule meiner kleinsten Schwester Kristel in den Nachrichten als Nummer 1 Nachricht, weil dort zwei kleine Mädchen von 7 und 8 Jahren von 2 Männern vergewaltigt wurden und diese Schule ist eine Minute von unserem Restaurant entfernt! Heute hat mir auch die Chrissi erzählt, dass eine Freundin ihrer Schwester mit 7 von den Freunden ihres großen Bruders vergewaltigt wurde und seitdem total schüchtern und zurückgezogen ist. Kann man ja auch verstehen! Chrissi selbst hat hier eine kleine Schwester von 7 Jahren und sie ist noch so klein und so ein Scherzkeks und einfach so ein liebes Mädchen, dass so ein Verbrechen einfach nur unvorstellbar und unfassbar ist.

 

Ein Thema was mich persönlich im Moment sehr beschäftigt ist mein Päckchen. Es ist schon Freitag angekommen nach phänomenalen 2 Wochen, aber auf die Adresse von meiner Schwägerin, weil sie eine richtige Adresse hat. Die Adresse von meinem Haus ist irgendwie: 7. Ring, Av.Alemana, die dritte Straße links, gegenüber der katholischen Kirche…Findet ja kein Mensch. Jedenfalls muss sie dann natürlich auch das Päckchen abholen, weils ja auf ihren Namen angekommen ist und Freitag hieß es „ wir holen´s Samstag“. Am Samstag hieß es „wir holen´s Montag“ , Montag hab ich gar nicht nachgefragt, weil ich nicht nerven wollte, Dienstag hieß es „wir holen´s!“, aber die Post hatte geschlossen und heute hab ich auch schon angerufen, aber es ist noch nicht so klar..

Und ich bin einfach so wütend, dass ich es immer noch nicht hab und so traurig und so genervt. Ich mein, klar dass das Paket für sie nicht so wichtig ist, ist ja für mich, aber man kann sich doch mal ne Stunde Zeit für so was nehmen. Mein Bruder meinte gerade schlichtend zu mir, dass beide (Bruder und Schwägerin) viel arbeiten und keine Zeit haben und das verstehe ich ja auch, aber warum sagen sie mir das nicht bevor meine lieben Eltern ein Päckchen zu ihrer Adresse schicken?  Ich merke ja auch wie ich hier allen schon damit auf die Nerven gehe, aber was soll ich denn machen, am Ende krieg ich das Paket erst zu Weihnachten oder was? Naja das Thema regt mich auf..

Viele Grüße!♥

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Kriminalität in Santa Cruz

Ich wurde schon gefragt, wie es hier so mit der Kriminalität aussieht und in dem Moment ist mir gar nicht so viel dazu eingefallen, aber im Nachhinein sind mir dann doch ein Paar Sachen aufgefallen.
Ein Unterschied zu Deutschland ist zB, dass dort die Grundstücke durch kleine Büsche oder Gartenzäune getrennt sind, aber hier wird unser Haus und auch alle anderen Häuser von ca. 2-2,5 Meter hohen Mauern eingegrenzt und auf den Mauern befinden sich dann noch abgebrochene Glasflaschen oder Metalldornen, damit keiner drüber klettert. Viele Menschen haben auch Angst in den Urlaub zu fahren, weil sie fürchten, dass dann in ihr Haus eingebrochen wird. Damit haben sie gar nicht so Unrecht, weil man hier oft von Einbrüchen hört.
Unsere Haustür hat auch 2 Riegel und man soll den Schlüssel möglichst drei Mal drehen.

Man sollte hier auch nicht in jedes x-beliebige Taxi steigen, weil sich im Prinzip jeder der ein Auto besitzt ein Taxischildchen kaufen kann. Nur Taxiunternehmen, wo die Taxifahrer ein Funkgerät und eine Nummer haben sind sicher. Es kommt wohl oft vor, dass Mädchen, die ins falsche Taxi einsteigen vom Fahrer vergewaltigt oder ausgeraubt werden oder dass Männer auch ausgeraubt oder sogar getötet werden, weil manche Taxifahrer Waffen besitzen. Chrissi hat auch schon erlebt, dass mal ein Freund der Familie, der Taxifahrer ist, völlig betrunken mit dem Taxi bei ihnen ankam, dort weitergetrunken hat und sich sogar übergeben musste und danach wieder mit seinem Taxi weitergefahren ist. Der Kommentar der Familie war dann, dass er trotzdem Auto fahren kann, er würde immer so betrunken Auto fahren. Kein Wort darüber, dass er andere Autofahrer auch gefährdet. Es ist hier eh selten, jemanden mit Führerschein zu treffen, weil Führerscheine und die Fahrschule hier genauso viel Geld kostet wie in Deutschland, nur dass man hier bei einer Polizeikontrolle einfach ein bisschen Geld abdrücken muss, dann lässt die Polizei einen wieder gehen.
Wenn wir im Taxi durch die Stadt fahren, verriegelt mein Bruder auch immer die Türen und sagt, wir sollen die Fenster nicht zu weit runter machen, damit keine durchs Fenster greift und unsere Handtaschen klaut. Dasselbe auch im Bus, wenn man direkt bei der Tür sitzt..
Wenn wir durch die Stadt laufen, muss ich immer vor meinen Gastgeschwistern und nie hinter ihnen laufen, damit sie sehen, wenn mir was passiert und in Cochabamba durften wir zB den Nationalpark Tunari nicht besichtigen , weil es wohl zu gefährlich ist..
Santa Cruz gilt in Bolivien generell als die gefährlichste Stadt  im Land, was auch an der enormen Einwohnerzahl liegen könnte (1,6 Millionen). Täglich hört man in den Nachrichten von Überfällen, Prügeleien, Unfällen (siehe Führerscheine) und im schlimmsten Fall Vergewaltigung oder Mord.
Die schlimmste Geschichte, die ich bis jetzt gehört hab ist, dass ein 16 jähriges Mädchen mit ihren Klassenkameraden unterwegs war und ihre Freunde sie mit Drogen, die jeder für nur 2 BS (umgerechnet 20 Cent) in der Apotheke kaufen kann unter Drogen gesetzt haben, sodass sie bewusstlos war und sie dann von allen 8 vergewaltigt wurde. Sie haben sie dann halbnackt vor ihrer Haustür abgelegt, geklingelt und sind dann abgehauen. Die Mutter hat sie dann flachatmend so gefunden…einfach schrecklich
Ich muss aber sagen, dass ich von all der Gefahr noch nichts mitbekommen hab, bis auf die Nachrichten. Alle Menschen, die ich bis jetzt angesprochen hab, ob Taxifahrer oder Menschen im Bus, um nach dem Weg zu fragen, waren ausgesprochen nett und hilfsbereit. Am Freitag war ich mit einem Volleyballtrainer verabredet, um ihn zu fragen, ob ich bei seiner Mannschaft mitspielen darf und dieser Mann, den ich nur 15 min kannte, hat mir dann geholfen ein sicheres Taxi für den Nachhauseweg zu finden was gar nicht soo einfach war und ihn auch Zeit gekostet hat und der Taxifahrer den ich dann hatte, war total interessiert zu erfahren, warum ich ein Jahr in Bolivien bin, wie Deutschland so ist und hat mir die Nummer von der Taxizentrale gegeben und alles. Einfach total freundlich und hilfsbereit, wenn da nur nicht die Nachrichten wären…

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Gott oder Evolution?

Als ich in Cochabamba war hab ich mit meinem Gastbruder Kevin (17 Jahre) ein sehr interessantes Gespräch über den Glauben an Gott oder den Glauben an die Evolution geführt. Wir hatten gerade den Cristo besichtig und haben auf den Lift gewartet, als ich ihn gefragt habe, ob unser Pfarrer (ich hab extra nach dem Pfarrer gefragt, weil ich mir dachte „wenn einer nicht an die Evolution glaubt, dann er“) an die von Gott geschaffene Welt oder an die Evolution glaubt. Das darauf folgende Gespräch schreibe ich einfach mal in Dialogform auf, damit ich nicht immer so umständlich „ und dann hat er gesagt“ und „und dann hab ich gesagt“ aufschreiben muss…

Kevin: Natürlich glaubt unser Pfarrer an Gott und an das was in der Bibel steht. Ich selbst und alle anderen in der Kirche auch. Gott hat Adam ja aus Lehm erschaffen und ihm dann durch die Nase  seinen Atem eingehaucht und Eva hat Gott aus einer Rippe von Adam erschaffen, deswegen ist die Frau auch immer unterhalt des Mannes ( ich hab erst gedacht, er meint, dass die Frauen häufig kleiner sind als Männer, aber bei Chrissi zuhause kriegen zB immer die Männer zuerst ihr Essen und danach die Frauen, also könnte er echt gemeint haben, dass die Männer über den Frauen stehen..!).

Evolution ist außerdem gar nicht möglich, weil sich ja ein Affe im Laufe seines Lebens nicht zu einem Menschen entwickelt.

Ich: Aber Evolution braucht ja viel mehr Zeit als nur ein Affenleben, Millionen Jahre.. und was sagst du dazu, dass die DNA von Affen zu 99% identisch mit der menschlichen DNA ist?

Kevin: Viele denken, dass wir Menschen mit den Affen verwandt sind, weil sie uns so ähnlich sind, aber sie sind Tiere und wir sind Menschen.
(ich konnte ihm nicht erklären, dass wir auch (Säuge)Tiere sind und hab das dann so hingenommen)

Ich: Aber wenn Wissenschaftler belegen, dass wir von Affen abstammen, was denkst du darüber?

Kevin: Es gibt ja auch Wissenschaftler, die wollen beweisen, dass es Gott nicht gibt und die werden dann verrückt oder andere Menschen, die wollen Gläubige vom Glauben abbringen, weil sie denken, dass es Gott nicht gibt und die werden dann auch verrückt!

Ich: Und wenn in der Schule in Bio die Evolution besprochen wird, was sagst du da?

Kevin: Ich respektiere die Meinung von anderen. Ich glaube an Gott und sie an die Evolution, aber ich war auf einer evangelischen Schule, da wird das Thema nicht behandelt. Es ist ja viel einfacher an die Evolution zu glauben, als an Gott.

Ich: Wie meinst du das?

Kevin: Es ist ja viel einfacher daran zu glauben, dass sich alles von selbst entwickelt hat, als zu glauben, dass es Gott war.( weil es viel schwieriger ist, sich das vorzustellen)

Später hab ich ihm noch von den verschiedenen Schädelformen erzählt, die der Mensch im Laufe der Zeitalter hatte. Dass man zB die Entwicklung an der Stirn oder den Wangenknochen sieht (ich erinnere an den Bio-LK Ausflug ins Geo-Lab an der Goethe Uni), aber dafür wurde ich von ihm nur belächelt und er hat gefragt:“ Du glaubst wirklich daran, was?“     äääh..ja

Er hat mir noch von Wissenschaftlern erzählt, die Uhren konstruieren, die rückwärts laufen, um zu beweisen, dass Gott nicht existiert, aber diese Uhren explodieren oder bleiben stehen oder so..

Naja es war ganz interessant, diese Sicht der Dinge kennenzulernen, obwohl die Argumente aus meiner Sicht nicht immer ganz plausibel sind.. Aber gibt es diesen starken glauben an alles, wirklich alles, was in der Bibel steht auch noch in Europa oder nur noch in Nord- und Südamerika?

Achja mir fällt gerade ein, dass Kevin auch noch gesagt hat, dass es eigentlich nur zwei richtige Religionen auf der Welt gibt, nämlich den Katholizismus und den Evangelismus und dass der Buddhismus eine Sekte ist, weil die Wodoo-Puppen benutzen..Ich glaube er verwechselt da ein bisschen was.

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Cochabamba, die letzten 2 Tage

Am Dienstag in Cochabamba sind wir zur Statue der „Virgen de Urkupina“ gepilgert, mit gefühlten Millionen Bolivianern. Normalerweise pilgert man nachts zwischen 12 Uhr nachts bist 5 Uhr morgens zu ihrer Statue und haut dann Steine von einem Felsen ab, damit sie einem bis zum Ende des Jahres (wenn man die Steine wieder zurückbringen muss) alle Wünsche erfüllt. Dieses Abenteuer hatten uns mein Bruder und Jhas, der Freund von Claudia (spricht man wie „Jazz“ aus), schon einen Abend vorher  vorgeschlagen, aber das haben wir dann lieber auf den nächsten Morgen verschoben. So sind wir also in einem Menschenstrom Richtung Statue getrieben und haben auf dem Weg dorthin viele Stände mit Hüten gegen die Sonne, Essen, Getränken, aber vor allem Stände mit lauter Miniaturautos, -häusern, -Babypüppchen, falschen Universitätsabschlüssen und  falsche Geldscheinen (ganze Dollarbündel, Euros gabs auch) gemischt mit viel Plastikschrott, die einem als Glücksbringer verkauft wurden. Diese Kleinigkeiten kaufen sich dort alle, die einen Wunsch haben. Kauft man sich einen kleinen Schrottartikel, wird einem die Jungfrau den Wunsch erfüllen oder einem Glück bringen, je nach dem, was für einen Glücksbringer man kauft.

Ich habe mir einen Minikoffer gekauft, als Glücksbringer für meine Reisen, eine kleine goldene Münze, die Glück und Geld bringen soll und so einen kleinen Baustein, aus dem Häuser gebaut werden, damit ich irgendwann mal ein Haus hab J In meinem kleinen Köfferchen hab ich auch 2-3 Spielzeugdollarscheine gefunden, es kann also nix schief gehen 😉

Wir sind immer weiter Richtung Statue und es wurde immer voller und enger und auf einem Balkon hat ein Pfarrer geredet und später wurde gesungen. Wir haben an diesem Tag sehr viele Indigene gesehen, die offenbar echt daran glauben, dass das Spielzeug was bringt. So haben wir zB einen Mann gesehen, der einen riesigen Spielzeug-LKW in der Hand hatte J Andere haben sich ihre gekauften Artikel von einem Mann mit Bier vollspritzen lassen. Diese Menschen glauben wohl an einen Gott der Erde (hat mir mein Bruder erklärt) und deswegen haben die eine andere Zeremonie abgehalten. Außerdem haben wir noch Indigene gesehen, die alle ihre Spielzeuggeldscheine verbrannt haben, wieder ein anderes Ritual..

So richtig nah an die Statue sind wir nicht drangekommen, weil meine Cousine und mein Bruder meinten, es wären zu viele Besoffene unterwegs und deswegen zu gefährlich. Generell waren viele Sachen dort gefährlich. Ich hatte meinen Reiseführer dabei und habe immer gefragt :“ Können wir in den Nationalpark Tunari gehen?“ „ Nein, zu gefährlich“  oder bei der Parade: „Können wir uns nicht einfach dort hinsetzen? (nachdem wir ca. 2 Stunden auf der Suche nach Sitzplätzen waren) „Nein, zu gefährlich, da sitzen Betrunkene“. Die größte Gefahr scheinen hier eh Betrunkene zu sein. Ich würde die ganzen ängstlichen Bolivianer gerne mal ins MTW einladen, mal sehen, was die dazu sagen würden…Naja jedenfalls waren Chrissi und ich irgendwann ein bisschen ratlos, was wir denn überhaupt besichtigen können, wenn alles so gefährlich ist. Wir sind auch nie alleine gewesen, immer meine Cousine und mein Bruder im Schlepptau, was irgendwann total nervig war, da sie natürlich nicht so viel Spaß daran hatten Touristenartikel zu shoppen wie wir oder nicht dringend noch mehr Postkarten hätten kaufen müssen. So waren wir genervt von ihnen und sie wahrscheinlich auch von uns..

Abends sind wir mit Jhas, Claudia und Kevin in die Stadt gefahren und haben ein Eis an der Plaza gegessen. Dort ist eine total schöne Kathedrale und die Bäume dort tragen teilweise orangefarbene und violette Blüten und das Vogelgezwitscher ist richtig laut. Überall auf den Bänken sieht man Verliebte und es gibt sogar einen Brunnen mit tausenden Tauben.

Wir wurden auch zu einem Mormonentempel gefahren. Mormonen glauben, dass die Welt irgendwann untergeht und unter ihrer sehr schönen und modernen Tempel haben sie wohl ein Hochhaus Richtung Erdmittelpunkt gebaut, um die Apokalypse zu überleben. Auf der Turmspitze des Tempels ist ein großer Engel, aus purem Gold, der durch Laserstrahlen geschützt ist, welche Alarm auslösen, sollte jemand versuchen den Engel mit einem Helikopter zu stehlen.

Später haben wir am „Prado“ (größte Straße) bei den „Islas“ gegessen. Das sind lauter kleine Imbissbuden, wo es „comida rápida“ gibt, also Fast food. Ich habe einen „ Tarcapecho“ gegessen, das ist ein Brötchen in dem ein Silpancho (das schon erwähnte flach geklopfte Fleisch), ein frittiertes Spiegelei, frittierter Reis, frittierte Bratkartoffeln und Salat (Tomaten und Zwiebeln) drin ist. Da ist sozusagen alles drin, was Bolivianer gerne essen. Dazu gab es einen „Macochinchi“, das ist Pfirsicheistee mit einem getrockneten Pfirsich, der aussieht wie ein Embryo oder ein Gehirn..                                                  An dem Abend haben wir auch Kuhherz probiert. Hat ganz gut, bisschen würzig geschmeckt, aber der Gedanke, dass es ein Kuhherz ist, war nicht so lecker. Eine andere Spezialität in Cochabamba ist gegrilltes Täubchen, aber das haben wir nicht zu sehen bekommen, dafür aber getrocknete Lamababyleichen.

 

An unserem letzten Tag waren wir vormittags Bustickets kaufen, dann nochmal auf dem Markt, was wieder nervig wegen unseren Aufpassern war und haben noch Postkarten eingekauft. Am Nachmittag wollten Chrissi und ich unbedingt nochmal in ein französisches Café „Paris“, was in meinem Reiseführer empfohlen wird und wir haben (ohne unsere Aufpasser! Die waren solange auf der Plaza!) eine schokoladen Crêpe mit „Batido“ gegessen. Batido ist ein Milchshake, ich hatte einen mit Kakao und Banane..seehr lecker. Dort ist uns aufgefallen, wie selten solche Cafés hier sind. Dieses Café hatte richtige Tische und Stühle (nicht wie sonst aus Plastik) und sogar einen Kellner mit Tablett, der für seine Arbeit bezahlt wurde und nicht wie sonst, Angehöriger der Familie war, der das Café oder Restaurant gehört. Ach und eine Speisekarte mit Auswahl gab es auch, hab ich hier zum ersten Mal erlebt. Bei uns im Restaurant gibt’s immer nur ein Mittagessen und die Gäste fragen:“ Was gibt’s heute?“ und wenn ihnen schmeckt, was meine Mutter vorbereitet hat, bleiben sie, wenn nicht kommen sie am nächsten Tag wieder und fragen :“ Was gibt’s heute?“

Joaa das war grob zusammengefasst meine Erlebnisse in Cochabamba (Kotschabamba ausgesprochen). Ich hatte ne total schöne Zeit und möchte unbedingt wieder hin! Vielleicht dann mit bisschen mehr Freiraum, ohne überstrenge Tante, für die alles zu gefährlich ist.

Für diese Woche stehen erst mal eine Menge Examen an. Jeden Tag 3 bis 4 Examen! Hat eigentlich jemand Interesse daran, meinen Stundenplan zu erfahren? Vielleicht um mit Deutschland zu vergleichen oder sich über mich lustig zu machen, weil ich wieder Physik und Chemie hab 😉 ? Naja ich könnte ihn mal posten, vielleicht auch, um ein bisschen Mitleid abzubekommen, man weiß ja nie 😉

Viele Grüße ♥

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